Carlsschnack mit Heiner Röckrath
Im Gespräch mit Carlsplatz-Geschäftsführer Heiner Röckrath über den Markt in der Pandemie, Herausforderungen und Zukunftspläne.
Bitte stellen Sie sich kurz vor: Seit wann sind Sie auf dem Carlsplatz und was ist Ihr Aufgabenbereich?
Ich bin eigentlich schon immer auf dem Carlsplatz! (lacht) Da meine Eltern und meine Großeltern hier bereits ein Geschäft betrieben haben, bin ich mehr oder weniger auf dem Markt aufgewachsen. Seit 2014, also seit gut sieben Jahren, bin ich in der Geschäftsführung.
Zu meinem Aufgabenbereich zählt, den Carlsplatz zu organisieren, zu führen und natürlich auch den Gesellschaftszweck unserer Vermietungs-GmbH umzusetzen. Um es formell auszudrücken: Der Gesellschaftszweck ist das Durchführen eines Wochenmarktes mit dem Schwerpunkt „hochwertige Lebensmittel“.
Ich trage Verantwortung für die gesamte Ausrichtung und Abwicklung des Marktes und die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH. Als meine Hauptaufgabe sehe ich, den Händlern eine perfekte Infrastruktur zur Verfügung zu stellen: Dazu gehört die Müllentsorgung, Strom, Wasser, Abwasser – alles, was ein Vermietungsgeschäft beinhaltet, muss funktionieren und vorhanden sein.
Das letzte Jahr war eines der herausforderndsten in der langen Geschichte des Marktes. Wie haben Sie diese Zeit wahrgenommen? Vor welche Herausforderungen wurden Sie gestellt?
In Bezug auf die Pandemie hatten wir in vielen Bereichen großes Glück und waren als Wochenmarkt unter freiem Himmel mit dem Schwerpunkt „Lebensmittel“ privilegiert. Wir durften weitestgehend mit den üblichen Einschränkungen öffnen und unsere Geschäfte betreiben. Ganz arg hat es unsere Gastronomie getroffen, wie überall in der Stadt. Die Gastro-Betriebe sind in der heutigen Zeit ein wichtiges Standbein des Marktes. Obwohl der Schwerpunkt auf den Lebensmitteln liegt, gehören sie fest dazu. Sie ermöglichen es, den Carlsplatz sechs Tage die Woche zu betreiben und es trifft sie hart. Da muss man helfen, da muss man Zuversicht und Optimismus verbreiten. Wir haben ebenfalls die fehlenden Tagestouristen zu spüren bekommen, die sonst aus Europa und der ganzen Welt zu Besuch in Düsseldorf sind.
Sicherheit steht beim Einkaufen an erster Stelle. Welche Maßnahmen haben Sie eingeführt und umgesetzt, damit Händler und Besucher sicher einkaufen können? Gibt es weitere Pläne, um die Sicherheit weiter auszubauen?
Wir haben jegliche Maßnahmen eingeführt, die zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie dazugehören. Angefangen bei Hygienespendern an den Eingängen, bis hin zu einem Management der Warteschlangen und Security-Mitarbeitern, die versuchen, Gruppenbildungen zu verhindern und auf die Maskenpflicht hinweisen. Sie sorgen auch dafür, dass das Thema „Verzehrverbot“ eingehalten wird. Die Vorgabe, dass man zum Verzehr der Speisen und Getränke einen Abstand von 50 Metern zum Händler einhält, ist nicht immer einfach umzusetzen.
Wir verzichten während der Coronazeit komplett auf den Ausschank von Alkohol auf dem Markt, selbst auf der oberen Fläche, wo unsere Marktterrassen sind oder an unserem Weinstand. Das betrifft die wirtschaftliche Situation dieser Marktbetriebe natürlich stark. Wir müssen helfen, Mut machen, Zuversicht verbreiten und hoffen, dass es bald besser wird.
Wir beobachten sehr genau, welche Vorgaben kommen und hoffen, bald die Gastronomie öffnen zu können, natürlich mit stark beschränkter Besucherzahl. Im Grunde so, wie es während des letzten Sommers war: Maximal vier Personen pro Tisch mit QR-Code, an dem sich die Gäste registrieren können. Das sind die Dinge, von denen wir erstmal ausgehen, ansonsten warten wir auf das, was kommt.
Der Carlsplatz mit mehr als über 60 Händlern steht für eine Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Wie meistern Sie es, die Belange aller Händler unter einen Hut zu bringen?
Unser oberster Grundsatz ist, dass wir alle Händler gleichbehandeln. Wir achten darauf, dass wir niemanden bevorzugen, dass alle die gleichen Rechte und Pflichten haben. Wir achten außerdem darauf, die einzelnen Sortimente nicht zu überfrachten. Wir haben viele Bewerbungen für wenig freiwerdende Standplätze. Ich sag‘s immer so: Die dritte Currywurstbude brauchen wir derzeit nicht. Aber ich brauche auch nicht den siebten Metzger. Es ist wichtig, das im Blick zu haben, damit jedem Händler ein auskömmliches Wirtschaften ermöglicht ist. Das sorgt dann für Zufriedenheit und für eine gewisse Kollegialität auf dem Platz.
Haben Sie ein persönliches „Ritual“ auf dem Markt?
Als Düsseldorfer, der auf dem Markt aufgewachsen ist, habe ich einige Rituale. Wenn ich morgens ankomme, gibt es einen Kaffee an der berühmten Kaffeebude bei unserer Uschi. Dann begebe ich mich, meist mit dem Kaffee in der Hand, zu den Marktständen, wo ich sehr gerne mit unseren jüngeren Händlern ein Wort wechsele. Heute mit dem und morgen mit dem. Die jüngeren haben oft das Herz auf der Zunge und ich spüre schnell, ob eine Unzufriedenheit besteht oder alles gut funktioniert. Das ist meine morgendliche Routine. In der Regel verlasse ich abends den Platz als letzter und schließe den Tag mit einem Rundgang über den leeren Markt ab.
Gibt es auch schöne Geschichten oder Anekdoten? Was ist Ihnen positiv von der Corona-Zeit im Gedächtnis geblieben?
Die Zeit ist für alle Beteiligten nicht einfach. Für mich als Organisator war es schön zu sehen, dass in der Pandemie die urtümlichen Lebensmittelgeschäfte gut verkauft haben, teilweise besser als in normalen Zeiten. Damit meine ich in erster Linie unsere Obst- und Gemüsehändler, immerhin sieben bis acht an der Zahl. Sie stehen ganz besonders im Konkurrenzkampf mit Supermärkten und Discountern. Wenn ich gesehen habe, dass diese Stände gut besucht sind und gute Umsätze gefahren haben, hat mich das jeden Tag aufs Neue sehr gefreut und hat mir viel Spaß gemacht. Weiterhin sind wir stolz, keine Insolvenzen zu vermerken und keine Händler verloren zu haben.
Der CARL Lieferservice wurde innerhalb kürzester Zeit von Ihnen und Ihrem Team auf die Beine gestellt. Wäre das so schnell ohne die Pandemie passiert? Wie wird der Service angenommen?
In Bezug auf das „Team“ muss ich ein wenig ausholen: Ich bin natürlich kein Einzelkämpfer, ich habe Unterstützung aus dem Händlerverein mit vielen engagierten, jungen Händlern. Ursula Wiedenlübbert von Pure Coffee by Kaffeereich unterstützt mich sehr mit ihrer Kreativität. Ihr gilt auch ein besonderer Dank bei der Einrichtung des Lieferdienstes CARL. Holger te Heesen von unserem Partner incharge und sie kennen sich schon lange. Gemeinsam haben wir dann die Idee des Lieferdienstes ausgeheckt. Wie der Service angenommen wird? Markthändler wie wir stöhnen immer, das gehört wohl zum Beruf. Ich kann aber sagen, dass der Lieferservice ganz gut läuft und von Monat zu Monat besser wird.
Hat die herausfordernde Zeit die Händler noch einmal mehr zusammengeschweißt?
Ja. Das hat sich allerdings schon in den letzten Jahren abgezeichnet. Ältere Düsseldorfer wissen es vielleicht noch: Als ich hier anfing, war der Markt in einer sehr schwierigen Situation. Es gab zu Beginn meiner Zeit etliche Leerstände und etliche Nicht-Zahler. Wir haben seitdem mehr als ein Drittel der Marktstände komplett neu besetzt. Es gab einen Generationenwechsel. Daraus ist eine schöne Gemeinschaft gewachsen. Heutzutage ist es wieder so, wie ich es als Kind und als junger Mensch gekannt habe. Die Händler unterstützen sich, sie reichen sich die Hand und helfen sich gegenseitig. Ich denke, dass Corona da nochmal einen Schub gegeben hat. Der Zusammenhalt auf dem Carlsplatz ist sehr schön und sehr groß.
Wie blicken Sie in die Zukunft? Was bringt die Zukunft auf dem Carlsplatz?
Wir freuen uns auf viele spannende Themen. Aktuell prüfen wir eine Begrünung oder Sondernutzung unseres Daches. Themen wie „Vertical Gardening“, also innerstädtisches Produzieren von Kräutern und Gemüse, aber auch die Nutzung mit einer Fotovoltaik-Anlage sind im Gespräch. Dazu sind wir in engem Austausch mit der Stadtverwaltung der Stadt Düsseldorf. Es wird in diesem Sommer noch eine Machbarkeitsstudie geben, die gerade ausgeschrieben worden ist. Zum Ende des Sommers wird man sehen, was möglich ist.
Was mich bzw. uns in der Organisation betrifft, versuchen wir künftig bei den Neuvermietungen die Zahl der Gastronomie leicht zu reduzieren und zurückzufahren. Zur Anzahl der Gastronomie gab es von einigen Seiten Kritik, die wir berücksichtigen. Ich denke, jeder Unternehmer geht mal Wege, die wieder korrigiert werden müssen. Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres zwei Gastronomien zurückzubauen.
Worauf freuen Sie persönlich sich am meisten in der Zeit „nach“ Corona?
Durch die fehlende Möblierung auf dem Markt und an den Ständen ist dem Carlsplatz ein großer Teil seiner Atmosphäre genommen worden. Ich freue mich sehr darauf, wenn hier wieder Menschen sitzen, essen, trinken, sich treffen und austauschen können! Außerhalb des Carlsplatz freue ich mich darauf, sorglos und ohne über Corona nachdenken zu müssen, mit meinen Enkeln auf dem Rasen Fußballspielen zu können!
Ihren Feierabend nach einem langen Tag auf dem Markt verbringen Sie wie?
Mit einem leckeren Bierchen bei Dauser und anschließend genieße ich den Weg mit dem Fahrrad zurück nach Kappes Hamm.